Es lächelt der Kaltluftsee, er ladet zum Bade…

Was für eine Saisondernière! Nachdem seit Februar mehr oder weniger konstant Temperaturen registriert wurden, welche zum Teil massiv über dem für die Jahreszeit üblichen Durchschnitt lagen, hat sich der Winter in weiten Teilen von Zentraleuropa nochmals mit aller Macht zurück gemeldet. Am 20. und 21. April 2017 wurden an einigen Orten langjährige Rekordwerte unterboten.

Weil die Jahreszeit schon einigermassen fortgeschritten ist (die Tageslänge entspricht derjenigen von Ende August), musste der gemeine Kälteliebhaber früh in die Strümpfe und im Frühreif zu Berge ziehen.

Von oben zeigt sich der Kaltluftsee von seiner besten Seite – ein kleines Nebelchen deutet an, dass es dort unten in der Senke nochmals massiv kälter sein muss als hier oben, ca. 50 m über dem Boden des Kessels:

Das folgende Video macht die Temperaturumkehr anschaulich:

Am oberen Rand der Senke betrug die Temperatur etwa -8 °C, am Boden des Talkessels konnten mit einem Handthermometer eher frische -21.4 °C registriert werden.

Und so sah der Nebelschleier von unten aus:

Die über den Horizont steigende Sonne briet den Nebelschleier innerhalb von Minuten förmlich weg.

An den Hängen waren typische Schmelzrinnen zu erkennen, welche sich durch die starke Sonneneinstrahlung am Vortag gebildet hatten:

An der festinstallierten Station wurde ein Minimum von -21.8 °C registriert. Am Vortag sank die Temperatur sogar auf -27.3 °C:

Weshalb war es am Vortag mehr als 5 Grad kälter? Zwei Gründe stehen im Vordergrund:

  • Die freie Atmosphäre hat sich etwas erwärmt: An der SMN-Station Hörnli wurde am 21. April ein Minimum von -3.6 °C gemessen, am Vortag waren es noch -6.0 °C
  • Die Setzung des Schnees hat die Isolationswirkung gegen den Bodenwärmestrom reduziert – die Regel, dass die erste klare Nacht nach einem Schneefallereignis die kälteste ist, hat sich wieder einmal bewahrheitet…

Noch ein kleines Detail am Rande: Die bisher höchste Temperatur in diesem Monat wurde am 9. mit 16.7 °C registriert, das bisherige Minimum wie erwähnt am 20. mit -27.3 °C. Das entspricht einer Amplitude von 44 K:

Monatstabelle Hintergräppelen April 2017

 

Im Januar 2017 war die Amplitude mit 44.1 K (Minimum -38.2 °C, Maximum 5.9 °C) praktisch gleich gross.

-38.2 °C in Hintergräppelen – die Messlatte ist gesetzt

Zur Erinnerung: Während der Exkursion vom 6. Januar konnte mittels Handmessung ein Momentanwert von -35.8 °C ermittelt werden (vgl. Endlich ist der Winter da!). Am vergangenen Wochenende wurden nun erstmals Daten der definitiven Station in der Senke auf der Alp Hintergräppelen ausgelesen, nachdem die Technik am 6. Januar aufgrund der grossen Kälte versagt hatte.

Zeitangaben in der Graphik in UTC (Mitteleuropäische Winterzeit = UTC + 1h)

Das bisherige Minimum von -38.2 °C wurde am Abend des 6. Januars im Zeitraum zwischen 21:30 und 21:40 Uhr (Zeitangaben im Text in Lokalzeit) sowie zwischen 22:10 und 22:20 Uhr registriert.

Der Temperaturverlauf deutet darauf hin, dass der Himmel bis um 4 Uhr bedeckt war. Mit dem Aufklaren sank die Temperatur um bis zu 7.6 K pro Stunde auf -35.1 °C um 09:40 bzw. 10:00 Uhr.

Dieses erste Minimum korrespondiert zeitlich recht gut mit der Handmessung von -35.8 °C, welche gegen 10 Uhr durchgeführt wurde. Die Abweichung von 0.7 K lässt sich auf verschiedene Teilerklärungen zurückführen:

  • Unterschiedliche Messhöhe (Handmessung ungefähr auf Kopfhöhe vs. Stationsmessung auf 2.5 m über Boden)
  • unterschiedlicher Messort (Distanz Handmessung – Stationsmessung geschätzt 80 m)
  • unterschiedliche Sensorik
  • Handmessung ohne Strahlungsschutz

Zwischen 9 und 12 UTC gab es eine leichte tageszeitlich bedingte Erwärmung von ca. 5 K, bevor ein erneuter Temperaturrückgang einsetzte.

Von 20 Uhr bis 4 Uhr des Folgetages verharrte die Temperatur mit minimalen Schwankungen knapp unter -37 °C.  Die Konstanz der Temperatur über diese lange Zeit ist bemerkenswert und weist darauf hin, dass der Kaltluftsee völlig zur Ruhe kam.

Nach 6 Uhr am 7. Januar stieg die Temperatur mit bis zu 8.7 K pro Stunde an und erreichte um 13:50 Uhr das Tagesmaximum von -2.9 °C. Mit einem Tagesminimum von -37.5 °C nach Mitternacht ergibt dies eine ausserordentlich hohe Temperaturamplitude von 34.7 K.

Insgesamt wurden im Januar 2017 an bisher 8 Tagen Temperaturen von unter -25 °C registriert:

Alle Monatsauswertungen sind unter Hintergräppelen – Messresultate verfügbar.