Neue Station mit Echtzeitmessung in La Chaux-d’Abel

Am 28. Dezember wurde in der Nähe des Hochmoores von La Chaux-d’Abel im Berner Jura eine neue Messstation aufgestellt.

Seit Mitte Juli 2018 wurden bereits Testmessungen durchgeführt und am 12. Dezember konnte das bisherige Minimum von -23.9 °C registriert werden. Dieser Wert liegt um fast 4 Grad tiefer als das Minimum, welches gleichentags in La Brévine registriert wurde (vgl. z.B. MeteoSchweiz-Blog “Herrlich frisch” vom 12. Dezember 2018).

Die Station konnte mit Unterstützung der Firmen Decentlab (Sensorik) und Barani Design (Strahlungsschutz) realisiert werden – vielen Dank hierfür!

Link zur Gebietsbeschreibung: https://kaltluftseen.ch/la-chaux-dabel/

Link zu den aktuellen Messdaten: https://kaltluftseen.ch/la-chaux-dabel-aktuelle-messwerte/

Fairplay im Feld – ein Verhaltenskodex

Die Freunde der gepflegten Kälte können je nach Wohnort lange warten, bis die Wetterlage den eigenen Wünschen entspricht. So halten sie es zwangsläufigerweise mit dem Sprichwort “Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, geht der Prophet zum Berg” und gehen dort hin, wo die Kälte ist.

Extrem tiefe Temperaturen sind an bestimmte topographische Voraussetzungen gebunden: Sie treten – günstige meteorologische Bedingungen vorausgesetzt – in abflusslosen Senken auf.

Die Forschung in Kaltluftseen bringt es also mit sich, dass sie standortgebunden ist – und diesen speziellen Orten muss man Sorge tragen und möglicherweise auftretenden Konflikten vorausschauend aus dem Weg gehen:

  • Wir bewegen im Feld auf fremdem Grund und Boden – aus diesem Grund ist eine gute Einvernahme mit der Eigentümerschaft eine Selbstverständlichkeit. Weiterhin sind Nutzungsbeschränkungen, welche sich durch Schutzzonen ergeben, zu respektieren.
  • Zwar ist die Community der Forschenden in Kaltluftseen sehr überschaubar – die Erfahrung zeigt jedoch, dass die wirklich vielversprechenden Orte eine gewisse Anziehungskraft ausüben. Eine gegenseitige Rücksichtnahme und ein angemessener Informationsaustausch würde eigentlich zum guten Ton gehören.

Leider zeigt es sich aus eigener wie auch aus der Erfahrung von Kollegen im Ausland, dass es private Gruppen gibt, welche diese Gepflogenheiten ignorieren oder sogar bewusst dagegen verstossen.

Aus diesem Grund ist ein Verhaltenskodex entstanden, welcher als Leitlinie bzw. als gute Praxis für das eigene Verhalten gelten soll. Neben Forscher-Kollegen aus Rumänien und den Niederlanden hat sich erfeulicherweise auch die Agenzia Regionale per la Prevenzione e Protezione Ambientale del Veneto (ARPAV), welche im Veneto ein ganzes Netz von Messstellen in Dolinen betreibt (www.arpa.veneto.it/temi-ambientali/climatologia/progetti/depressioni-fredde1), zu dessen Einhaltung verpflichtet.


Der Verhaltenskodex ist unter https://kaltluftseen.ch/verhaltenskodex/ in einer deutschen Übersetzung vorhanden. Wegen der internationalen Abstützung ist die englische Version massgebend:

Wer Feldforschung in Kaltluftseen betreibt und mit dem Wortlaut des Verhaltenskodex einverstanden ist, wird ermutigt, sich unter info@kaltluftseen.ch zu melden. Anregungen und Verbesserungsvorschläge sind selbstverständlich willkommen!

Der Einfluss des Hochnebels auf die Temperatur

Der Vergleich von Hintergräppelen und der Glattalp zeigen den Einfluss der Bewölkung und des Hochnebels auf den Temperaturverlauf.

Das Webcambild von iltios.roundshot.com von gestern Abend zeigt, dass Hintergräppelen von zwei Seiten in die Zange genommen wird. Einerseits ziehen mittelhohe Wolkenfelder auf und die Hochnebelobergrenze liegt nur noch knapp unterhalb der Höhe von Hintergräppelen:

Quelle: iltios.roundshot.com

Der Aufzug der mittelhohen Wolken geschah nicht nur über dem Obertoggenburg, sondern auch in der Zentralschweiz. Entgegen dem üblichen Tagesgang stiegt die Temperatur im Verlauf des Abends somit an, wie auf dem Temperaturverlauf gut zu sehen ist:

(c) Daten Glattalp: ebs.swiss

Noch vor Mitternacht klarte es dann wieder auf – zumindest über der Glattalp und ein starker Temperaturrückgang setzte ein. Über dem Obertoggenburg blieb Hochnebel übrig, wobei die Obergrenze höher als die Alp Hintergräppelen lag. Zwischen 2 und 5 Uhr verzog er sich und nun setzte auch in Hintergräppelen ein Temperaturrückgang ein, bevor er dann zwischen 5 und 7 Uhr nochmals hineinschwappte. Nachvollziehen lässt sich dies übrigens gut mit dem “Nebelcheck” unter kachelmannwetter.ch. Nach Sonnenaufgang war der Hochnebel wieder verschwunden, wie wiederum die Webcam auf dem Iltios zeigt und der Hochnebel lag knapp unterhalb des Niveaus der Alp Hintergräppelen:

Quelle: iltios.roundshot.com

Der Hochnebel hatte also einen wesentlichen Einfluss auf die Minima. Dieses betrug auf der Glattalp -30.2 °C, auf der Alp Hintergräppelen lag dieses bei -20.2 °C.


Erstmals -30 °C in dieser Saison in Hintergräppelen

Heute Morgen wurde in Hintergräppelen erstmals in diesem Winter die Marke von -30 °C unterschritten. Am Datenlogger wurde ein Wert von -30.7 °C registriert. Dieser Wert ist derjenige, welcher für Analysen und Auswertungen verwendet wird.

Mittels Handmessung konnten noch tiefere Werte ermittelt werden:

Immer wieder faszinierend ist der Reifansatz, welcher mit fortschreitender Dauer immer mächtiger wird:

Das Schluckloch, welches die Senke entwässert, ist jedoch viel reizvoller als das leicht unterkühlte Antlitz des Autors, zumal es sich im schönsten Eisgewand präsentierte:

Der Wert auf dem Handmessgerät von -31.2 °C im ersten Bild ist nicht unter Standardbedingungen zustande gekommen. In die Statistik geht schlussendlich der Wert ein, welcher vom Datenlogger registriert wurde, dieser ist so aufgestellt, dass die Messbedingungen den Vorgaben der WMO möglichst nahe kommen. Das Tagesminimum wurde um 07:40 Lokalzeit gemessen und betrug -30.7 °C:

Monatstabelle Hintergräppelen Dezember 2018

In der untenstehenden Verlaufsgraphik ist neben der Temperatur der Hauptstation in der Senke zusätzlich die Temperatur der Nebenstation über der Senke am Mittelberg aufgetragen. Die Ausbildung des Kaltluftsees begann am Nachmittag des 11. Dezembers. Gut zu sehen ist auch, dass sowohl in der Nacht vom 11. auf den 12. Dezember als auch in der darauf folgenden Nacht der Temperaturrückgang nicht störungsfrei verlief und somit noch tiefere Minima verhindert wurden. In der ersten Nacht bildete sich eine Inversion von maximal 18 Grad aus, in der zweiten Nacht sogar von über 20 Grad.