Tropennacht am Sämtisersee knapp verfehlt

Fällt die Temperatur zwischen 18 UTC und 06 UTC des Folgetages nicht unter 20 °C, so wird in der Meteorologie von einer Tropennacht gesprochen (vgl. Wetterlexikon Deutscher Wetterdienst). Im Mittel treten in der Schweiz 0.1 bis 1 Tropennacht pro Jahr auf. Eine Ausnahme bilden die Niederungen des Tessins , die Genferseeregion sowie einige Föhntälern (vgl. auch Fachbericht MeteoSchweiz Nr. 260: Der Hitzesommer 2015 in der Schweiz). Hier treten Tropennächte häufiger auf, im Tessin sind es in den tiefgelegenen Regionen im Schnitt bis zu 10 Stück pro Jahr.

In der jüngeren Vergangenheit wurden diese Durchschnittswerte in zwei Jahren deutlich übertroffen:

  • Im Hitzesommer 2003 wurden im Tessin zum Teil über 40 Tropennächte registriert, in der Genferseeregion gab es 20 Fälle, in der Nordwestschweiz (Fahy, Basel) 5 Fälle und in erhöhten Lagen des Mittellandes und der Voralpen zwischen 7 und 12 Fälle.
  • 2015 war der zweitwärmste Sommer seit Beginn systematischer Wetteraufzeichnungen im Jahr 1864. Während im Tessin deutlich weniger Tropennächte registriert wurden als 2003, traten solche in den Niederungen der Alpennordseite häufiger auf. So wurden in Zürich 2003 nur 2 Tropennächte registriert, im Jahr 2015 jedoch deren 8.

Wie sich die Situation in den Kaltluftseen im Alpstein in diesen Jahren bezüglich der nächtlichen Minima präsentiert hat, ist mangels entsprechender Messungen nicht bekannt. Man könnte jedoch davon ausgehen, dass man lauen Sommernächten in einem Kaltluftsee Abkühlung findet (es sei denn, der Föhn bläst – aber das ist ein anderes Thema…).

Dass dem nicht so ist, hat der vergangene Juni gezeigt. Es war der zweitwärmste Juni seit Beginn der systematischen Aufzeichnungen im Jahr 1864. Der Wärmeüberschuss betrug in allen Höhenlagen 3 – 3.5 °C gegenüber der Referenzperiode 1981 – 2010 (vgl. MeteoSchweiz: Klimabulletin Juni 2017).

Ungewöhnlich warm war die Nacht vom 22. auf den 23. Juni. An verschiedenen Orten wurde das höchste Nachtminimum seit Beginn der automatischen Messungen Anfang der 1980er Jahre registriert. Besonders in der Ostschweiz war es sehr mild: In Güttingen wurde ein Minimum von 25.2 °C, in St. Gallen sank die Temperatur nicht unter 23.2 °C ab und auf dem Hörnli wurden 20.5 °C als Tiefstwert registriert. Verhältnismässig kühl war es in Ebnat-Kappel, wo “nur” 17.1 °C gemessen wurde.

Neben der ausserordentlich warmen Luftmasse waren Wolkenfelder über der Ostschweiz, welche eine effiziente Abstrahlung verhinderten, für die ausserordentlich hohen Minimaltemperaturen verantwortlich. (vgl. auch MeteoSchweiz Blog vom 23.06.2017: Rekordhohe Nachttemperaturen).

Ansatzweise sind Wolkenfelder über der Schweiz erkennbar, welche zusammen mit der sehr warmen Luftmasse für rekordhohe Minima der Lufttemperatur gesorgt haben. (c) sat24.com / Eumetsat / UK MetOffice
Die nachfolgende Abbildung zeigt den Temperaturverlauf am Sämtisersee (gelb), an erhöhter Lage am Rand der Senke der Alp Sämtis (orange) sowie in der Senke auf der Alp Hintergräppelen (blau).

Transparent rot ist der Zeitraum zwischen 18 und 06 UTC dargestellt, welcher gemäss Definition des DWD relevant für die Bestimmung einer Tropennacht ist, der Schwellwert von 20 °C ist als rote Linie eingezeichnet.

Auf der Alp Hintergräppelen herrschten zwischen 19 UTC (entspricht 21 Uhr MESZ) und 21:30 UTC offenbar gute Abstrahlungsbedingungen, welche die Temperatur um mehr als 7 K auf 14.9 °C absinken liess. In diesem Zeitfenster hat der Kaltluftsee gut funktioniert, bevor die Temperatur anschliessend innerhalb einer Stunde wieder um mehr als 6 Grad anstieg. In der zweiten Nachthälfte sank die Temperatur zwischenzeitlich nochmals auf 18.9 °C.

Am Sämtisersee waren die Abstrahlungsverhältnisse vor Mitternacht weniger gut ausgeprägt: Es bildet sich nur kurzzeitig eine Inversion von gut 2 K aus: Die Temperatur unten in der Senke fällt knapp unter die 20 °C-Marke ab, steigt aber umgehend wieder an. Im weiteren Verlauf der Nacht sinkt die Temperatur kurz vor 4 UTC (entspricht 6 Uhr MESZ) nochmals kurzzeitig auf 18.8 °C ab.

Stark bewölkter Himmel über dem Alpstein kurz vor 6 Uhr am Morgen des 23. Juni 2013. Zu diesem Zeitpunkt wurde am Sämtisersee der nächtliche Tiefstwert von 18.8 °C gemessen – eine Tropennacht wurde knapp verfehlt. © Bild: www.hoherkasten.ch / www.plattenboedeli.ch
Auch wenn der Juni durch sehr hohe Temperaturen geprägt war, Abkühlung liess sich zum richtigen Zeitpunkt dennoch finden: In der Nacht vom 7. auf den 8. Juni sank die Temperatur am Sämtisersee auf + 1.2 °C ab und auf der Alp Hintergräppelen wurde in der gleichen Nacht ein ordentlicher Frost von -4.5 °C registriert.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert